07.12.2017
Wer zurzeit die Räume der bhb in Auerbach besucht, kann dort eine hochinteressante Gemäldeausstellung anschauen. Über 250 kleinere und größere, immer aber bunte, fantasievolle und ungewöhnliche Werke schmücken die Flure. Rote Aufkleber zeigen an, welche dieser Bilder bereits einen Käufer gefunden haben.
Alle Bilder stammen von Menschen, die in der Behindertenwerkstatt Bensheim arbeiten. Sie fertigen die Bilder meist während der arbeitsbegleitenden Maßnahmen an, einer wöchentlichen Stunde, in der sich die Werkstattmitarbeiter unter anderem der Kreativität widmen. Robert Wilhelm und Jürgen Klaban, zwei der Maler, sind so begabt, dass sie als Vollzeitkünstler von der Arbeit in der Werkstatt freigestellt werden. Sie sind inzwischen über den Landkreis hinaus bekannt.
(...). Doch dass sich behinderte Künstler in dieser Form verwirklichen und präsentieren können, ist noch nicht immer so. Thomas-Rogala erzählte, wie alles vor 20 Jahren mit Mehmet Tas seinen Anfang nahm. Der malte zunächst wie andere Bewohner der Auerbacher Wohnstätte in seinem Zimmer. Doch er wollte nicht, dass seine Bilder unbeachtet blieben. „Er hat offensiv eingefordert, dass wir die Bilder auch ausstellen“, erinnerte sich Thomas-Rogala mit einem Schmunzeln. Und da nichts dagegen sprach, damit die Flure zu verschönern, wurde dem Wunsch entsprochen.
Zu jener Zeit mussten die Künstler ihre Malutensilien noch von ihrem Taschengeld selbst besorgen. So malte Robert Wilhelm seine Männchen damals auf Zeichenblöcke und in Kleinformat. Manfred Bartmann zeichnete Flaggen und Wimpel von Vorlagen ab und dekorierte damit sein Zimmer. Marianne Pitzal war eine der ersten Malerinnen.
Die zaghaften Anfänge des künstlerischen Wirkens wurden durch einen Zufall befördert. Nach dem Tod von Angehörigen einer Bewohnerin wurde deren Geschäft mit Malereibedarf aufgelöst. Die Bewohner des Wohnheims erhielten Zugang zu großformatigem Papier, Leinwänden und Acrylfarben. „Und das wurde auch genutzt“, so Thomas-Rogala. Die ersten Künstler steckten andere an. Zum Schluss waren von den damals 35 Bewohnern der Wohnstätte rund die Hälfte künstlerisch tätig.
So lag es nahe, die Kunst auch in die arbeitsbegleitenden Maßnahmen der Werkstätten zu integrieren. Diese bestanden vorher vor allem aus Sport und Hausarbeit. Doch Christian Dreiss, damals Werkstattleiter und heute Geschäftsführer der Behindertenhilfe, unterstützte die Maler. Ein Multifunktionsraum wurde zum Atelier umgewidmet. „Und sofort ist eine Bilderflut entstanden“, so Thomas-Rogala. Auch in den anderen Werkstätten der Behindertenhilfe wird mittlerweile Malerei als arbeitsbegleitende Maßnahme angeboten.
(...). Inzwischen werden die Werke der Behindertenhilfe in Firmen und Geschäften, Banken und öffentlichen Gebäuden ausgestellt. „Das zeigt, wie offen die Menschen mittlerweile geworden sind“, freute sich Thomas-Rogala. „Sogar vor dem Büro von Ministerpräsident Volker Bouffier in Wiesbaden hängt ein echter Klaban.“
Behindertenhilfe Bergstrasse
gemeinnützige GmbH
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