09.01.2018
Die bhb hat drei große Standbeine: die Werkstätten, das Wohnen und den Familienunterstützenden Dienst. Sie geht aus einer Elterninitiative hervor, die 1971 den Verein Behindertenhilfe Bergstraße gründete. Wurden zunächst 18 Mitarbeiter beschäftigt, arbeiten heute annähernd 500 Menschen mit Behinderung in den Werkstätten. Geschäftsführer Dreiss erklärt, was dort alles getan wird.
Herr Dreiss, die Behindertenhilfe Bergstraße (bhb) hat sich wie andere Einrichtungen der Eingliederungshilfe zur Aufgabe gemacht, die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland mitzugestalten. Wo liegen die Herausforderungen?
Christian Dreiss: Die große Herausforderung besteht darin, dass wir nicht Menschen mit Beeinträchtigungen „normal“ werden lassen, sondern dass die Gesellschaft akzeptiert, dass es Menschen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen gibt. Sie sind Teil der Gesellschaft. Sie müssen nicht aus Sonderwelten heraus integriert werden, sondern können von Anfang an mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten als ganz normale Bürger an der Gesellschaft teilhaben. Wir versuchen nicht vom Negativen, sprich den Schwächen zu denken, sondern die Fertigkeiten, das Positive, in den Mittelpunkt zu stellen. Als Behindertenhilfe schaffen wir Kontakte, gerade im täglichen Leben. Unsere Künstler stellen beispielsweise bei öffentlichen Ausstellungen aus, unsere Bands treten bei ganz normalen Konzerten auf.
Eine besondere Herausforderung wird mehr und mehr auch die Arbeit mit der Generation von älteren Menschen mit Behinderungen...
Das ist letzten Endes eine späte Folge eines der schlimmsten Kapitel deutscher Geschichte. Durch Euthanasie-Programme der Nazis wurden Menschen mit Behinderung umgebracht. Jetzt erreichen Menschen mit Beeinträchtigung aus den Nachkriegsjahrgängen das Rentenalter. Als bhb sind wir daher immer noch dabei, sogenannte Gestaltungen des Tages aufzubauen. Wer aus der Teilhabe am Arbeitsleben ausscheidet, braucht eine sinnvolle Tagesbeschäftigung. Dieses Problem kennen viele Rentner. Diese Gestaltung soll nicht in jedem Inhalt Zwang sein, sondern auch Angebote machen, etwa das Grab der Mutter zu besuchen oder gemeinsam Mittagsessen zu kochen. Zusätzlich müssen wir neue Betreuungs- und Förderkonzepte entwickeln, da ältere Menschen mit Beeinträchtigung auch an ganz normalen Altersleiden erkranken können.
Die Vielzahl der Aufgaben koppelt sich mit einem bundesweiten Fachkräftemangel. Was macht die Behindertenhilfe, um geeignetes Personal zu finden?
Fachkräftemangel ist ein großes Thema. Wir suchen vor allem pädagogische und pflegerische Fachkräfte, die uns gerade auch in der Weiterentwicklung unserer Angebote unterstützen. Wir bilden aus, sind der größte Anbieter im Kreis Bergstraße für Stellen im Freiwilligen Sozialen Jahr, bieten Stellen im Bundesfreiwilligen Dienst an. Wir haben begonnen, im Rahmen eines BA-Studiums Sozialpädagogen in Richtung Sozialmanagement auszubilden. Wir gewinnen zudem viele Absolventen von Erzieherschulen und arbeiten mit den Hochschulen der Region eng zusammen. Wir gehen in die Schulen, sind Anbieter bei Berufsmessen. Wir tun, was wir können, finden aber nicht immer sofort die Person, die wir brauchen. …
Behindertenhilfe Bergstrasse
gemeinnützige GmbH
Darmstädter Straße 150
64625 Bensheim